Hauptmerkmale

Muskelschwäche und Ernährungsprobleme im Säuglingsalter

Fehlende Schluck- und Saugreflexe führen zu Problemen beim Füttern, die sehr häufig eine Sondenernährung während der ersten Wochen erfordern. Dies hält die ersten Lebensmonate an und führt zu leichter Ermüdung, Gedeihstörungen und manchmal zu Schwierigkeiten, Sekret loszuwerden, was wiederum eine Lungenentzündung zur Folge haben kann.

Verzögerte motorische Entwicklung im Kindesalter

Die motorische Entwicklung ist meist generell verzögert, genauso wie die meisten Meilensteine der ersten beiden Lebensjahre. Das Laufen erfolgt üblicherweise erst um das zweite Lebensjahr. Die schlechten grobmotorischen Fähigkeiten und das Gleichgewicht bessern sich langsam, bleiben aber meistens hinter den Leistungen von Gleichaltrigen zurück.

Ständiges Hungergefühl, gestörter Stoffwechsel ... Esssucht bis hin bis zum unvorstellbaren, lebensbedrohendem Übergewicht

Die nicht vorhandene Empfindung des „Sattseins“ wird verursacht durch eine Störung im Hypothalamus (Teil des Zwischenhirns). Bis jetzt wurde noch kein Mittel zur Behandlung des Problems gefunden. Weil die Essenseinnahme kontrolliert werden muß, sind Menschen mit PWS behindert und brauchen eine 24stündige Betreuung, besonders wenn das Krankheitsbild mit unterdurchschnittlichem IQ gepaart ist. Früher hatten PWS- Betroffene eine geringe Lebenserwartung, zumal die Diagnose nicht oder erst in einem Alter gestellt wurde, wenn sich bei einem Kind Entwicklungsmängel in der Pubertät sowie extremes Übergewicht zeigten und Verhaltensstörungen (vorwiegend in Bezug auf Essen) einsetzen. Denn unstillbarer Appetit, zwanghaftes Essen und eine herabgesetzte Stoffwechselgeschwindigkeit führen oft zu lebensbedrohlicher Gewichtszunahme, die sehr schnell erfolgen kann. Heute kann die Diagnose bereits in den ersten Lebensmonaten durch einen molekulargenetischen Test auf PWS erstellt werden. Weitere Labortests sind erforderlich, um den genauen PWS-Phänotyp zu lokalisieren. Eine frühe Diagnose gibt Eltern und Familien die Chance, die Probleme ihres Kindes einigermaßen in den Griff zu bekommen. Der Energiebedarf von PWS-Kindern ist nur mit ca. 2/3 des üblichen Energiebedarfes anzusetzen. Der Energiebedarf für PWS-Jugendliche bzw. PWS-Erwachsene ist lediglich mit 1200 bis 1500 Kilokalorien je Tag anzusetzen. Darüber hinaus besteht bereits eine Neigung zu Adipositas (Fettsucht). Selbst bei kalorienarmer Diät kann Übergewicht auftreten. Zwanghaftes Essen beginnt gewöhnlich bereits zwischen 2 und 4 Jahren. Selbst wenn die Nahrungsmittelaufnahme nur zu festgesetzten Zeiten erfolgt, kann der unersättliche Drang nach Nahrung bestehen bleiben. Eine ständige Überwachung der Nahrungsmittelaufnahme ist unbedingt notwendig. Menschen mit Prader-Willi Syndrom denken, reden und träumen ständig von Essen bzw. Nahrungsmittelbevorratung. Bis heute hat sich keine medikamentöse Behandlung und kein chirurgischer Eingriff als Mittel zu langfristiger Gewichtskontrolle als hilfreich erwiesen. Die Kontrolle und Disziplin über das Essen muß das ganze Leben lang aufrecht erhalten werden, und dies kann nicht von den PWS-Betroffenen selbst beherrscht werden. Lebenslange Unterstützung in der Ernährungskompetenz ist unumgänglich. Gewicht wird oft schnell zugenommen und kann extrem schwer wieder abtrainiert werden. Dies alles zusammen bedeutet einen niedrigeren Kalorienbedarf (in der Regel um ein Drittel gegenüber anderen Kindern bzw. ca. 1200 bis 1500 kcal bei Jugendlichen bzw. Erwachsenen. Um eine Ernährung ohne Übergewicht abzusichern, ist eine ständige Ernährungsberatung, das Einhalten einer ausgewogenen diätetischen Ernährung sowie eine ständige Überwachung der Ernährung unumgänglich.

Kleinwuchs (extrem kleine Hände, kleine Füße, geringe Körpergröße)

Der Minderwuchs zeigt sich besonders jenseits der Pubertät. Zum einen ist hiefür der Hypogonadismus verantwortlich (mangelnde Ausbildung der Geschlechts-merkmale), zum anderen sind verminderte Wachstumshormonausschüttungen vorhanden. PWS-Patienten messen etwa 140 bis 160 Zentimeter und haben zu kleine Hände und Füße.

Tagesmüdigkeit, allgemeine Atemnot, Schlafapnoe (Atemaussetzer)... bis krankhafte Schläfrigkeit

Schläfrigkeit während des Tages und häufiges Einnicken sind allgemeine Merkmale von PWS. Weitere bekannte Schlafstörungen: Störungen des Schlaf-Wachzyklusses, herabgesetzte Beatmung der Lungen und urplötzlich auftretender unwiderstehlicher Schlafdrang. PWS-Betroffene fallen daher rasch in Schlaf, ihre Schlafstruktur wird typischerweise von häufigem Erwachen unterbrochen. Schlafstörungen treten in Verbindung mit zunehmenden Behinderungen der oberen Atemwege auf, entweder wegen vergrößerter Mandel oder Polypen, zu entspannter Muskulatur der oberen Atemwege oder wegen struktureller Abnormalitäten der Atemwege. Durch starke Emotionen (Aufregungen) herbeigeführter Schlafdrang, der zu Schlafanfällen und gelegentlichem vorübergehenden Verlust der Muskelkraft führt, wird gleichfalls über manche PWS-Betroffene berichtet. Als Folge von massivem Übergewicht und durch das Hypoventilationssyndrom (verminderte Atmung) kann es zu Atemaussetzer (Schlafapnoe) kommen. Eine Untersuchung in einem Schlaflabor ist gegebenenfalls anzuraten. Bei PWS ist daher eine besondere Aufmerksamkeit der frühzeitigen Erkennung und Behandlung von mit dem Schlaf im Zusammenhang stehenden Atemstörungen zu widmen. Gewichtsverlust kann Atembeschwerden reduzieren und vielleicht Schlafstörungen bessern.

Sprech- und Sprachprobleme

Sprech- und Sprachprobleme sind häufig. Die Ursache ist unklar, wahrscheinlich ein schlechter Muskeltonus, der die Stimmuskeln beeinflusst, oder auch die veränderte Speichelproduktion. Es wird Sprachtherapie empfohlen. Die Artikulation kann schlecht bleiben.

Unterschiedliche geistige Entwicklung

Der durchschnittliche IQ liegt um 70, mit einer Spanne von 45 bis 105. Abstraktes Denken sowie mathematische Logik ist oft schwierig zu beschulen.

Verhaltensauffälligkeiten (heftige Wutanfälle, Starrsinn und Streitsucht, Angstzustände, Depressionen, Fremdagressionen) , hohe familiäre Belastung ... Notwendigkeit einer Betreuung rund um die Uhr

Verhaltensprobleme sind bei nahezu allen PWS-Betroffenen auffällig. Schon kleinste Änderungen vom regelmäßigen Tagesablauf können zu massiven Wutausbrüchen führen. Obwohl Verhaltensprobleme schon im Kleinkindalter vorhanden sein können (Trotz und emotionale Labilität nehmen ab dem dritten Lebensjahr zu), nimmt deren Bedeutung und Tragweite mit zunehmenden Alter zu und sind häufig die stärkste Ursache für Spannungen in der Familie. Starrsinn, Wutanfälle und Depressionen nehmen mit steigendem Alter zu. In diesen Situationen bringt das „Besprechen“ des Problems sie noch mehr aus der Fassung. Veränderungen im täglichen Lebensablauf können sie aus der Fassung bringen. Obwohl sie generell als freundlich gelten, sind Halsstarrigkeit (Hartnäckigkeit) und plötzliche Wutanfälle typische äußere Verhaltensauffälligkeiten. Das Setzen von festen Grenzen und „time outs“ (Zeit zur Besinnung) bringt oft mehr als das Besprechen des Problems und erwartbare Einsichtigkeit. PWS betroffene Menschen werden einerseits als fröhlich, freundlich, sozial, einsichtig, engagiert, warmherzig und hilfsbereit eingeschätzt. Sie haben eine ruhige Wesensart und zeigen ein umgängliches Verhalten. Andererseits vollzieht sich ab dem vierten Lebensjahr eine Veränderung ihrer Persönlichkeit mit typischen Verhaltensauffälligkeiten. Diese Verhaltensauffälligkeiten können wie folgt zusammengefaßt werden:

  • Plötzliche und heftige Reizbarkeit und Impulsivität
  • Starke Stimmungsschwankungen und Launen
  • Starrsinn und Streitsucht
  • Ausdauern forderndes Verhalten
  • Gewisse Lustlosigkeit, Passivität und wenig Eigeninitiative
  • Zwanghaftes Horten von Gegenständen, manchmal auch Ordnen von Dingen
  • Bedürfnis zu erzählen, ständig wiederholtes Nachfragen
  • Neigung, an der Haut oder kleinen Verletzungen zu kratzen
  • Bedarf nach geordneter Struktur in der Umgebung
  • Fehlende soziale Interaktion wie Augenkontakt, Einhalten eines sicheren Abstandes
  • Schwierigkeiten beim Zuhören
  • Probleme, Fehler einzugestehen und zu korrigieren
  • Auto- und Fremdaggressionen

Ungünstige Reaktion auf Medikamente (erhöhtes Narkoserisiko)

Medikamentöse Behandlung, wie appetitzügelnde Mittel oder Psyhopharmaka, haben sich bisher nicht als allgemein brauchbar erwiesen, um Appetit oder Verhalten zu kontrollieren. Wegen der Muskelhypotonie sollten bei Prader-Willi Syndrom Patienten keine ambulanten Eingriffe unter Anästhesie durchgeführt werden. Es sollten auch keine muskelrelaxierenden Medikamente verabreicht werden. Wichtig ist auch eine gründliche postoperative Beobachtung.

Fehlen von Erbrechen

Viele PWS-Betroffene erbrechen fast nie. Brechmittel können unwirksam sein und wiederholte Verabreichungen können erhebliche Probleme verursachen.

Hohe Schmerzschwelle

PWS-Betroffene klagen in der Regel nicht über Schmerzen, selbst wenn schwere Infektionen vorhanden sind. Einige haben Hyper- oder Hypothermie (Fieber oder verminderte Körpertemperatur). Bei nicht erkannten Infektionen stellt dieses geringe Schmerzempfinden einen potentiellen Risikofaktor dar.

Kratzen und Hautzupfen

Kratzen und Hautzupfen sind üblich, mit Narben und Wunden in verschiedenen Heilungsstadien. Wunden können oft monatelang durch kratzen gereizt bleiben und sich infizieren.

Sexuelle Entwicklung - Unterfunktion der Keimdrüsen, Hoden und Eierstöcke

Da es den PWS-Betroffenen an Sexualhormonen mangelt, ist deren geschlechtliche Entwicklung oft unvollständig. Typische Merkmale sind z.B. Hodenhochstand, kleine Hoden, kurzer unterentwickelter Penis und Hodensack bzw. manchmal unterentwickelte Schamlippen. Hier kann eine Hormonbehandlung Einfluß nehmen oder später ein operativer Eingriff. Mädchen haben meist erst zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr ihre erste Menstruation, welche dann auch nur gering und nicht regelmäßig auftreten kann. Eine Hormonbehandlung kann dazu beitragen, die Entwicklung der sekundären Geschlechtsmerkmale zu fördern. Die Pubertät ist gewöhnlich unvollständig. Eine Schwangerschaft kann in Einzelfällen möglich sein.

Augenprobleme, Schielen

Probleme mit dem Sehvermögen gibt es bei vielen PWS-Betroffenen in jedem Alter. Oft sind sie kurzsichtig oder sind schielend.

Schlechtes Gebiß, Zahnprobleme

Die Ursachen können oft unterschiedlich sein: Mängel im Zahnschmelz, trockener Mund, abweichender oder mangelnder Speichel, schlechte Eßgewohnheiten. Karies tritt oft schon in jungen Jahren auf.

Rückgratverkrümmung (Skoliose), Herz- und Atmungsprobleme

Eine seitliche Verkrümmung der Wirbelsäule kommt manchmal vor, und das schon in jungen Jahren, meist auch als Folge der Hypotonie (mangelnde Muskelspannung). Auch Atmungsprobleme und Herzbeschwerden kommen vor. Sie sind in manchen Fällen die Folge des extremen Übergewichtes.

Diabetes

Manche PWS-Betroffene entwickeln schon frühzeitig Diabetes mellitus (Typ II Diabetes), die aber oft erst als Folge des Übergewichtes auftritt. Hiezu gibt es aber unterschiedliche wissenschaftliche Meinungen.

Auffälligkeit für Prellungen und blaue Flecken

Es besteht oft eine hohe Anfälligkeit für Prellungen und blaue Flecken. Eine empfindliche Haut, schlechte grobe Motorik, ungeübte Muskeln, eine hohe Schmerzschwelle sind oft typisch. Die Blutgerinnung scheint bei Untersuchungen normal zu sein. Die Auffälligkeit für Prellungen liegt höchstwahrscheinlich an der äußersten Grenze des „Normalen“ und ist nicht pathologisch.